4
Sep
2007

Rechtsfreie Räume

Die bekloppten Aussagen reißen nicht ab. Ronald Pofalla, seines Zeichens CDU-Generalsekretär, meinte gestern:
"Der Computer darf kein rechtsfreier Raum in Deutschland sein, wenn es um die wirksame Bekämpfung von Terrorismus hier bei uns in Deutschland geht."
Na eine solche Aussage kann man doch ergänzen:
"Das Schlafzimmer darf kein rechtsfreier Raum in Deutschland sein, wenn es um die sexuelle Selbstbestimmung hier bei uns in Deutschland geht."
oder auch:
"Die Bankkonten der Parteien und Politiker dürfen kein rechtsfreier Raum in Deutschland sein, wenn es um die Demokratie hier bei uns in Deutschland geht."
Oder wie wäre es mit einem Slogan à la "Keine rechtsfreien Räume mehr durch das Bundesverfassungsgericht!"?

1
Sep
2007

Käuflicher Standard

Was machst Du, wenn Du als große und mächtige Firma einen Standard durchkriegen willst? Richtig, du ermunterst Partnerfirmen dazu, sich ebenfalls in den nationalen Gremien zu engagieren. Jede weitere Firma ist eine weitere Stimme für den Standard. In Schweden traten so auf einmal 23 neue Mitglieder dem Standardisierungsgremium bei, bei 34 abgegebenen Stimmen am Ende war das also eine gekaufte Mehrheit für Microsofts OOXML. Microsoft bezahlte die Firmen zwar nicht direkt die Mitgliedsgebühren, versprach dafür aber Marketingunterstützung und sonstige Unterstützung mit Microsofts Ressourcen, wenn die Firmen mit Ja stimmten.

SIS, das schwedische Standardisierungsinstitut erklärte diese Abstimmung nun für ungültig, da Informationen darüber vorlägen, eine Firma hatte mit mehr als einer Stimme abgestimmt.

Das gleiche geschah auch in den USA, dort gab es auf einmal 19 neue Mitglieder, eine Mehrheit für Microsoft zeichnet sich nun dort ab.

Oder in Italien, wo die Mitglieder des Komitees von 4 auf 85 anschwellte. Hier haben aber auch ODF-Anhänger zum gleichen Mittel gegriffen, um Microsoft Paroli zu bieten, so daß nun eine Enthaltung herauskam.

Oder in Portugal wurden die Aufnahmeanträge von IBM und Sun (Gegner von OOXML) abgelehnt, weil das Gremium bereits zu voll sei, es paßten angeblich nur 20 in den Raum, es gab aber schon 25 Mitglieder (Interessanterweise stand der dortige Microsoft-Manager dem Komitee vor und lehnte die Anträge ab, wieso aber nicht die von den 5 Mitgliedern davor?)

Oder in der Schweiz wurden Einwände der SIUG (Swiss Internet User Group) durch den Vorsitzenden, dem Generalsekretär von ECMA, welche OOXML als ECMA-Standard verabschiedete hatte, einfach vom Tisch gewischt und im Verfahren nicht weiter beachtet. Die FSFE (Free Software Foundation Europe) hat gemeinsam mit der SIUG Einspruch über die Verfahrensweise erhoben.

Oder in Norwegen verteilte Microsoft Standardbriefe an seine Partner, welche sie als Eingaben an das Standardisierungsgremium schicken sollten. 37 identische Briefe trafen dort ein.

Oder in Ungarn sollen die Einladungen nicht rechtzeitig verschickt worden sein und die Abstimmungsregeln von Zwei-Drittel-Mehrheit auf einfache Mehrheit entgegen den Bestimmungen des Instituts geändert worden sein, weswegen die Standardgegner benachteiligt worden seien. (Die Abstimmung wird jetzt wiederholt, seitdem gibt es angeblich eine Menge neuer Mitglieder.)

Rob Weir berichtet von diversen Betrugsversuchen, wo nationale Komitees in die Irre geführt werden sollten, damit sie ihre Stimme nicht rechtzeitig oder richtig abgeben (z.B. indem man Ihnen einen späteren Stichtag nennt).

Auch in Deutschland ging das DIN-Gremium nicht astrein vor. Hier durfte Google und die Deutsche Telekom (beide Gegner von OOXML) zwar noch an der Sitzung teilnehmen und Bedenken äußern, aber nicht mehr abstimmen, da sie zu spät dazugestossen seien und so fachlich nicht mehr einbezogen hätten werden können. Zwei Microsoft-Partner jedoch haben sich fachlich überhaupt nicht daran beteiligt, und durften trotzdem mit abstimmen. Das Ergebnis ist ein 'Ja mit Kommentaren', weil man das Verfahren nicht verzögern wolle. (Bei einem Ja sind die Kommentare nur Dekoration, erst bei einem 'Nein mit Kommentaren' ist Microsoft gezwungen, die Kommentare umzusetzen, um die Zustimmung zu erhalten, deswegen schlägt ISO ja auch vor, bei Änderungswünschen mit einem 'Nein mit Kommentaren' zu stimmen.) Desweiteren berichtet Computerwoche darüber, daß eine ungeschriebene Regel des DIN, einem Standard nur bei Einstimmigkeit zuzustimmen, verletzt wurde.

In den Niederlanden geschah hingegen genau das Gegenteil, fast alle stimmten für ein "Nein mit Kommentaren", nur eine Stimme war gegen dieses Ergebnis: Microsoft. Deshalb enthält sich die Niederlande.

Man sieht doch recht deutlich, daß es hier nicht mehr darum gut, einen guten oder sinnvollen Standard zu verabschieden, sondern daß Microsoft seinen Standard bekommt. (Deswegen lasse ich hier auch Details zu OOXML selbst aus, wer will, kann bei Groklaw oder NoOXML.org weiterlesen.)

Nachtrag (05.09.2007): ISO hat nun OOXML (vorläufig) als Standard abgelehnt.

30
Aug
2007

Freiwillige DNA-Proben

Normalerweise darf die Polizei keine DNA-Proben entnehmen, auch nicht bei der erkennungsdienstlichen Behandlung. Nur Richter - und bei Gefahr im Verzug auch Staatsanwälte - dürfen gemäß §81a StPO bzw. §81g StPO die Entnahme anordnen.

Lawblogger Udo Vetter hat nun in einem Ermittlungsbericht eine besondere Methode entdeckt, um diese Vorschriften zu umgehen. Man biete dem Beschuldigten ein Glas Wasser an, und stelle anschließend das genetische Material am Glas sicher, es wurde ja schließlich freiwillig abgegeben.

Traurig, wohin das führt. Man darf ja heutzutage einen Polizisten nicht in seine Wohnung lassen, was früher als höflich galt, ist heute ein Einverständnis zur Wohnungsdurchsuchung. Und so ist nun auch jede höfliche Geste der Polizei zu ignorieren, könnte ja eine Falle sein. Die Polizei, Dein Freund und Helfer.

29
Aug
2007

Bürgerrechte von Terroristen

Die folgende Aussage vom polizeipolitischem Sprecher der CDU Baden-Württemberg, Thomas Blenke, gehört wohl zu den Top10 der beklopptesten Aussagen der letzten Woche: "Die FDP muss aufwachen und erkennen, dass der Schutz der Bevölkerung schwerer wiegt als die Bürgerrechte von Terroristen."

Wenn er garantieren kann, daß normale Bürger niemals von solchen Ermittlungen erfaßt werden, wie wär's dann mit einer Art Garantie? 100.000 Euro als Schadenersatz, falls es doch passiert?

Scherz beseite. Wenn die Polizei sicher weiß, wer ein Terrorist ist, wozu braucht man dann noch die Online-Durchsuchung? Sie könnte ihn dann einfach wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verhaften und anklagen. Nur mit der Online-Durchsuchung sollen ja gerade Vorfeld-Handlungen aufgedeckt werden, so daß hier auch ein Fehltreffer passieren kann.

Außerdem fehlt mir der Glaube, daß damit im Endeffekt nur Terroristen gejagt werden, die Kontostammdaten waren ja ursprünglich auch nur, um die Geldflüsse von Terroristen aufzudecken, heutzutage werden damit Sozialbetrüger gesucht. Oder wie es Peter Schaar formulierte: "Es gibt keine wirklich sichere Methode bei der Online-Durchsuchung, auch die Keylogger nicht. Die Dummen wird man mit der Durchsuchung finden, die anderen nicht. Das haben wir heute schon bei der Vorratsdatenspeicherung, mit der Urheberrechtsverletzungen gefunden werden und nicht der einen Anschlag planende Terrorist."

24
Aug
2007

Mehr Zivilcourage

"Wir brauchen nicht mehr Geld, sondern mehr Zivilcourage" meinte Herr Pofalla, seines Zeichens CDU-Generalsekretär, in Reaktion auf die Vorfälle in Sachsen. Abgesehen davon, daß ich Sie, Herr Pofalla, gerne mal sehen würde, wie Sie sich einer Horde Rechtsextremer in den Weg stellen, verkürzen Sie doch arg das Problem. Meinen Sie echt, daß, wenn sich genug Leute in den Weg stellen, verschwindet der Rechtsextremismus?

Wir brauchen viel eher eine Perspektive für alle Bevölkerungsschichten, Hartz IV ist keine. Bei einer Arbeitslosenquote von über 14% ist doch ganz logisch, daß sich Resignation und (je nach Intelligenzgrad) auch Gewalt entwickelt. Aber das braucht Sie ja nicht interessieren, Herr Pofalla, Sie bekommen selbst für dümmliche Aussagen und Aktionen Ihr Geld, und davon nicht wenig.

Nachtrag (05.09.2007): Gestern in Frontal21 kam ein interessanter Beitrag zum Thema Zivilcourage.

Erstmals Maßnahmen im Klimaschutz

Heute im ARD Morgenmagazin verkündete Sigmar Gabriel den ganz großen Wurf: Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik seien nicht nur die Ziele vereinbart worden, sondern auch Maßnahmen und Instrumente, um diese Ziele zu erreichen.

Das ist ein Eingeständnis der besonderen Art. Zuvor wurden also stets nur Ziele im Klimaschutz vereinbart? Wie man diese erreichen wolle, war früher egal? Was war denn das für eine Klimapolitik, werte Regierung, die Sie früher betrieben haben? "20% weniger CO2, irgendwie."?

Und wenn ich der Sprecherin des WWF im Morgenmagazin glauben darf, so wurden die Energiekonzerne selbst eh wieder außer Acht gelassen. Aber wen wundert das bei einem Umweltminister, welcher die Emissionsrechte an die Stromkonzerne verschenkt.

2
Jul
2007

@?#&!

Und der Datenschützeralptraum geht weiter.

Unser "anständiger" Schäuble hat als Vertreter des EU-Rates mit der USA um die Weitergabe der Flugpassagierdaten verhandelt, nachdem der vorherige Vertrag vom EU-Gerichtshof aufgehoben wurde. 15 Jahre darf die USA die Daten aufbewahren und in den ersten 7 Jahren auch verarbeiten (um zum Beispiel zu errechnen, wer ein Terrorist ist). 15 Jahre?! Welche Essenswünsche man hatte oder daß man bar bezahlte, zusätzliche Hotel- oder Mietwagenbuchungen können einem noch in 15 Jahren vorgehalten werden und zu verstärkten Kontrollen bei der Einreise oder Versagen eines Visums führen.

Nun sollte man aber noch wissen, daß sich die USA auch beim alten Abkommen schon nicht um die dortigen Verwertungsverbote gekümmert hat. Anzunehmen, daß die Daten nach 15 Jahren also vergessen werden, ist blauäugig. Und die Einschränkung auf Terrorbekämpfung wurde ebenfalls beim alten Abkommen klangheimlich und in Absprache mit der EU fallengelassen, so daß sie auch zur Bekämpfung schwerer Verbrechen und organisierter Kriminalität eingesetzt werden dürfen. Weitere Aufweichungen sind zu erwarten (auch wenn sie nicht unbedingt öffentlich werden).

Es bleibt bestehen, daß die Weitergabe und Verarbeitung der Flugpassagierdaten an Zoll und Heimatsschutz ein grober Verstoß gegen den Datenschutz ist. In Deutschland dürften Sicherheitsbehörden nicht einfach so die Datenbanken der Fluggesellschaften durchforsten, sie bräuchten einen Anfangsverdacht gegen einen mutmaßlichen Täter, um dessen Daten abzufragen. Den USA, welche durch die Abwesenheit eines echten Datenschutzes glänzen, geben wir die Daten hingegen gern.

Warum? Weil sie gedroht haben, daß dann keine unserer Flugzeuge dort mehr landen dürfen? Wach auf, EU. Diese Drohung ist so lächerlich, das könnte sich die USA nicht leisten, denn im Gegenzug würden auch amerikanische Fluglinien nicht in Europa landen dürfen. Auch die Abschaffung der visafreien Einreise für EU-Bürger könnte sich die USA nicht leisten, würde es doch einen Touristenrückgang herbeiführen.

Aber es geht ja noch weiter. Es wurde den USA nun auch zugestanden, die Daten internationaler Finanztransaktionen zu prüfen. Das haben sie bisher schon illegalerweise gemacht, jetzt dürfen sie das offiziell. Findet es irgendwer okay, daß seine Überweisungen von den Sicherheitsbehörden eines Staates (egal ob Deutschland oder USA oder ein anderes) gesichtet werden? Das ist Privatssphäre und solange es keinen begründeten Verdacht gegen mich gibt, hat sich der Staat da rauszuhalten.

Wir müssen mal uns umschauen, wo wir jetzt stehen. Wir haben einen aus der Ferne auslesbaren Reisepaß und bekommen eine deutschlandweit eindeutige Steueridentifikationsnummer mit zentraler Datenbank. Von Staatsseite werden unsere Konten, Überweisungen, Online-Zugriffe, Verkehrsdaten von E-Mails, Flugpassagierdaten überwacht. Und das, ohne daß ein Anfangsverdacht vorliegt. Hallo?!

Glaubt da noch echt jemand an den Datenschutz als Ausgestaltung des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit? Wie soll man sich da frei entfalten können, wenn jede Kleinigkeit protokolliert wird?

Schäuble, das ist Verfassungsbruch, was Sie da machen.

PS: Zu den Gefahren abseits des offensichtlichen Mißbrauchs ein lesenswerter Artikel von Bruce Schneier.

20
Jun
2007

Elektronischer Reisepaß

Seit November 2005 haben wir den elektronischen Reisepaß, damit wir besser gegen internationalten Terrorismus gewappnet sind, so Schily damals. Bis heute werden nur die persönlichen Daten und das Lichtbild elektronisch bis zu einer gewissen Distanz auslesbar gespeichert. Dieses Jahr im November sollen nun Fingerabdrücke hinzukommen, aller Probleme des elektronischen Paßes zum Trotz:
  • Sie sind unsicher.
  • Diese Reisepäße stellen ein grobes Datenschutzproblem dar. Warum nutzen sie RFID-Technologie, also warum müssen sie über eine Distanz auslesbar sein, wenn man nicht die unbemerkte Überwachung zum Ziel hat?
  • Abgesehen von den Fingerabdrücken werden die nun elektronisch erfaßten Daten in einer Datenbank gespeichert und für die Polizei elektronisch abrufbar. Früher hatte die Polizei ihre Lichtbildkartei aller in einem Strafverfahren Beschuldigter, um bei weiteren Straftaten die Täter mehr oder weniger wiederzuerkennen. Das wird jetzt also auf die gesamte Bevölkerung ausgeweitet.
  • Die zusätzliche Abnahme der Fingerabdrücke jedes Antragsstellers bringt einem das Gefühl eines Überwachungsstaates näher.
Die Linkspartei hat daher die Regierung mal gefragt, wie oft denn gefälschte deutsche Reisepäße bei Terroranschlägen genutzt wurden, um einen solchen groben Einschnitt in die Rechte der Bürger zu rechtfertigen. Die Antwort der Regierung: In den letzten 6 Jahren gab es 6 Fälschen und 344 Verfälschungen. Keine davon hatte etwas mit einem Terroranschlag zu tun.

Die Begründung mit dem internationalen Terroristmus ist also ein weiteres Beispiel dafür, wie unsere Regierung und auch die Vorgängerregierung offenkundig lügt.

18
Jun
2007

G8-Nachlese

Bundeswehr Einsatz im Inneren, Aufklärung von G8-Gegner-Camps mit Tornados, massive Grundrechtseinschränkungen, Polizeiwillkür (Augenzeugenbericht), Polizeibeamte als Gewaltanstifter, Käfighaltung von Demonstranten, Behinderung der Anwälte. Das ist in diesem Ausmaß eigentlich unfaßbar, und dabei werden bestimmt noch ein paar gewaltige Dinge in der Auflistung fehlen...

Zum allgemeinen Verlust des Augenmaßes in der Politik hat Heribert Prantl einen schönen Kommentar in der Süddeutschen geschrieben.

Und was haben wir dafür und für unsere 100 Millionen Euro Steuergelder eigentlich bekommen? Juhuu.

Keine Mindestlöhne mit der SPD

Der Antrag zum Mindestlohn von der Linkspartei, über den ich bereits schrieb, ist aus dem Ausschuß zurückgekehrt und stand letzten Donnerstag zur Abstimmung.

Inhaltlich hatten daher die Redebeiträge der SPD wenig zu bieten, sondern man versuchte lieber Attacken gegen die Linkspartei. Zum Beispiel sagte der SPD-Arbeitsmarktexperte Brandner:
Um es klar zu sagen: In der Schule würde es wegen des hundertprozentigen Abschreibens eine glatte Sechs dafür geben. Abschreiben ist weder originell noch kreativ. Wer abschreibt, hat kein eigenes Profil.
Er übersieht dabei, daß die Linkspartei vorher schon eigene Anträge in den Bundestag eingebracht hatte, die allesamt abgelehnt wurden. Und ich fand diese Lösung daher durchaus originell.

Fragwürdig ist doch eher, warum die Linkspartei diesen Antrag der SPD einbringen muß? Warum macht dies die SPD nicht, sie ist doch Regierungspartei?

Und so regt sich Herr Brandner in seiner Rede weiter über die Form auf, vorerst ohne auf den Inhalt einzugehen:
Ihnen geht es darum, die SPD vorzuführen, aber es geht Ihnen nicht um Lösungen.
...
Für Sandkastenspiele und Mätzchen ist da kein Raum. Um es an dieser Stelle klar zu sagen: Wir lehnen Ihren Antrag ab.
Was will die SPD mit der Unterschriftenaktion zu diesem Antrag bezwecken, wo wir doch keine Volksabstimmungen haben? Die SPD veranstaltet dann doch auch nur eine Show, genauso wie die Linke (die aufgrund ihrer anderen Anträge ja weiß, daß sie erfolglos bleiben werden), und so hat die SPD meines Erachtens nicht das Recht, andere deswegen zu kritisieren. Und vor allem sollte sie, wo sie bei ihrer eigenen Show erwischt wurde, dann wenigstens Mann genug sein, und zu ihrem eigenen Antrag zu stehen. Wie schizophrän muß man sein, seinen eigenen Antrag zu unterschreiben und dann im Bundestag abzulehnen?

Später kommt Herr Brandner dann doch zum Inhalt:
Unsere Position zum Mindestlohn ist klar: Wer in einem Vollzeitjob arbeitet, muss von seiner Arbeit auch menschenwürdig leben können.
...
Deshalb, Herr Kolb, brauchen wir - um es klar zu sagen - Mindestlöhne. Für uns gilt: Dienstleistungen und Güter haben ihren Wert. Arbeit hat ihren Wert. Es geht auch um die Würde. Deshalb brauchen wir einen Mindestlohn.
...
Wir stimmen heute nicht gegen den Inhalt des Antrags der Linksfraktion, sondern gegen die politische Show.
Das ist doch heuchlerisch. Zum Einen sollte es immer um den Inhalt gehen, nicht um die Form. Man stimmt immer inhaltlich zum Antrag ab, nicht darum, ob man den Antragssteller leiden kann. Und zum Anderen (und hier kommen wir zur Heuchlerei) ist auch bei der SPD die Politik größtenteils Show. Und so auch hier, wenn es der SPD nicht um den Inhalt geht, dann um Nebenaspekte wie der Ursprung oder die Darstellung und eben darum, wie die Regierungskoalition nach aussen dasteht, also um die Show.

Aber hier drängt sich sowieso der Verdacht auf, daß es gar nicht um die Show geht, sondern einfach nur um den Koalitionsfrieden. Dieser Koalitionsfrieden und damit die Möglichkeit, an der Regierung beteiligt zu sein, ist der SPD immer noch wichtiger, als ihre eigenen Inhalte. Und ich frage mich ständig, wie man den Koalitionszwang mit Artikel 38, Absatz 1 des Grundgesetzes vereinbaren kann:
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
Gehört die Koalitionsdisziplin zum Gewissen der SPD (oder jeder anderen Koalitionspartei)? Falls ja, was war dann in diesem Falle die Grundlage für die Unterschriftenaktion, das Gewissen kann es ja dann nicht gewesen sein? Profilierungssucht, also Show?

Der Antrag wurde mit den Stimmen CDU/CSU, FDP und SPD abgelehnt, nur für 4 SPD-Abgeordnete stimmten für den Antrag, ein SPD-Abgeordneter enthielt sich.
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