12
Nov
2007

Dümmste Rechtfertigung des Tages

Diese gibt es heute in der Anlage 4 des Protokolls der 124. Sitzung des Bundestages:
Eine Zustimmung ist auch deshalb vertretbar, weil davon auszugehen ist, dass in absehbarer Zeit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts möglicherweise verfassungswidrige Bestandteile für unwirksam erklären wird.
Das schrieben 26 SPD-Abgeordnete (darunter auch Andrea Nahles) unter anderem als Rechtfertigung für ihre Zustimmung zur Vorratsdatenspeicherung.

Da faßt man sich doch nur an den Kopf. Die Abgeordneten treten Gesetgebungskompetenzen an das Bundesverfassungsgericht ab. Hallo? Die Anrufung des BVerfG sollte auch bei solchen Gesetzen eine Ausnahme sein und nicht die Regel. Die Kontrollfunktion über die Bundesregierung, welches das Parlament normalerweise ausüben sollte, gibt es mit dieser Einstellung nicht mehr. Aber vor allem orientieren sich auch hier unsere Abgeordneten damit dann mal wieder am verfassungsmäßigen Minimun von Grundrechten.

Diese 26 SPD-Abgeordneten haben damit kein Rückgrat bewiesen. Auch dieser Abgeordnete, Marco Bülow, der ankündigte, nicht mehr unbedingt der Mehrheit folgen zu wollen, gehört dazu.

Heise Online veröffentlichte einen vollständigen Verriß dieser Erklärung.

Nachtrag vom 20.11.2007: Auf Telepolis gibt es zur Verhaltensweise der Politiker bei diesem Thema einen lesenswerten Artikel von Bettina 'Twister' Winsemann, der nochmal nachweist, was wir schon wissen: "Politiker sind Umfaller, haben keine Ahnung, heucheln oder lügen."

9
Nov
2007

Vorratsdatenspeicherung beschlossen

Fernmeldegeheimnis war einmal

Was erwartet man von jemanden, der in Verfolgung seiner Ziele so blind geworden ist, daß er den Bezug zur Realität verloren hat? Sätze wie:
"Wir hatten den 'größten Feldherrn aller Zeiten', den GröFaZ, und jetzt kommt die größte Verfassungsbeschwerde aller Zeiten."
Der Bundestag hat also heute in 2. und 3. Lesung die Vorratsdatenspeicherung beschlossen. Die Debatte dazu im Bundestag war mal wieder sehr aufschlußreich. Unsere Bundesjustizminsterin Zypries begann:
"Und mit der Erweiterung von Telekommunikationsüberwachungsmöglichkeiten hat die Regelung auch überhaupt gerade gar nichts zu tun."
Daß alle meine Telekommunikationen zwangsweise mitprotokolliert werden müssen, hat mit Erweiterung von Überwachungsmöglichkeiten nichts zu tun? Da fragt man sich, was dann mit Überwachung zu tun hat? Wenn die ganze Welt mitlesen darf?

Es ging ja weiter. Frau Zypries meinte, daß der Bürger mit dieser Regelung auch nicht schlechtergestellt werde, "denn es bleibt dabei, die Daten werden ja nicht beim Staat gespeichert, sondern sie werden bei den Telekommunikationsunternehmen gespeichert, genau wie heute auch. Und es bleibt dabei, ein Zugriff auf diese Daten kann es nur geben, wenn man den Verdacht auf eine schwere Straftat hat und einen richterlichen Beschluß."

Wieso macht es einen Unterschied, ob der Staat das speichert, oder die Unternehmen im Auftrage des Staates? Die Unternehmen kann ich noch viel schlechter kontrollieren. Wenn man sich das so einfach machen kann, da gibt's bestimmt noch mehr Polizeiaufgaben, die man an private Unternehmen delegieren kann. Das wird sicher lustig.

Und der Satz mit der schweren Straftat ist sowieso ein Witz, so weisen diverse Redner später daraufhin, daß im Gesetzestext nur von erheblichen Straftaten geredet wird. Auch fällt natürlich §129a StGB (Bildung einer terroristischen Vereinigung) darunter, das ist vorwiegend ein Ermittlungsparagraph, bei dem es nur in wenigen Fällen zu einer Verurteilung kommt, aber man darf alles mögliche ermitteln, ein Freifahrtsschein für's BKA, wenn man nur irgendwie einen Verdacht begründen kann. Aber das Schärfste, was auch Frau Zypries wissen muß und deswegen ich mir sicher bin, daß sie lügt, ist, daß auch alle Straftaten, die mittels Telekommunikation begangen werden, (so der Gesetzestext) darunterfallen. Und da reicht es schon, wenn ich jemanden in einem Forum beleidige. Eine ungeheur schwere Straftat.

Bei dieser Lesung ging es nicht nur um die Vorratsdatenspeicherung, sondern auch allgemein um die Telekommunikationsüberwachung (eine Stunde für beide Themen, etwas knapp, oder?). Jedenfalls bei der Telekommunikationsüberwachung wurde nun der Schutz von Berufsgeheimnisträgern stärker gesetzlich verankert. Dabei gibt es zwei Arten dieser Berufsgeheimnisträger, zum Einen die priviligierten, bei denen ein absolutes Beweiserhebungs- und verwertungsverbot existiere. Darunter fallen Strafverteidiger, Geistliche und (natürlich) Abgeordnete. Und zum Anderen die nicht privilegierten, bei denen das Gericht abwägen darf, ob der Eingriff gerechtfertigt ist oder nicht (Huch? Und was geschieht bei Nicht-Berufsgeheimnisträgern? Da ist es eh egal?). Zu denen gehören die ganz normalen Anwälte, Ärzte und Journalisten. Und diese Trennung war Bestandteil großer Proteste dieser Berufsgruppen.

Siegfried Kauder nahm dazu mit der Begründung Stellung, daß diese Trennung das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil erlaubt hätte. Das mag richtig sein, aber damit bewegt er sich am verfassungsrechtlichen Minimum. Wollen wir das? Gerade nur die Freiheiten geben, die das Grundgesetz verbindlich festlegt, auf keinen Fall mehr? Schöne Richtung, liebe CDU.

Lustig fand ich seine Aussage: "Wir wollen keinen gläsernen Menschen, wir wollen einen gläsernen Verbrecher." Aha, und wie unterscheiden Sie die beiden, bevor Sie sie überwachen? Wenn die Polizei ja weiß, wer schuldig ist, wieso dann noch die Überwachung? Ein Scherzkeks, dieser Kauder. (Wohin diese Einstellung führt, zeigt folgender Bericht von Polylux über Anrej Holm.)

Am Ende seiner Rede lieferte er noch folgendes Bonbon zur Vorratsdatenspeicherung:
"Und man darf nicht den Eindruck erwecken, als würden wir flächendeckend Daten erheben. [...] Es geht darum, daß ein ohnehin bestehender Zustand in seinem Zweck und der Sinngebung anders gelagert wird. [...] Also was ändert sich denn mit dem Gesetzentwurf zur jetzigen Gesetzeslage? Nichts wesentliches. Der einzige technische Unterschied ist, daß Telekommunikationsunternehmen nunmehr nicht mehr freiwillig 6 Monate lang Daten speichern dürfen, sondern daß sie gesetzlich dazu aufgerufen sind, diese Daten zu erheben."
Also erstmal tituliert er ein klar rechtswidriges Verhalten, nämlich die jetzige Speicherung von Verbindungsdaten durch die Telekommunikationsunternehmen, als "jetzige Gesetzeslage". (Man kann nämlich durchaus davon ausgehen, daß die Flatrate-Nutzer einen Großteil der Internetnutzer darstellen, und da ist die Speicherung illegal.) Auch daß die zwangsweise Protokollierung im wesentlichen nichts anderes als eine freiwillige Aufzeichnung ist, ist schon eine bemerkenswerte Äußerung für einen Anwalt. Aber er unterschlägt, daß die Protokollierungspflichten deutlich über die jetzigen (illegalen) Speicherungen hinausgehen: Jetzt wird nicht jede E-Mail mitprotokolliert oder der Standort bei Handytelefonaten.

Zwei weitere Kritikpunkte wurden noch von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Jan Korte (Die Linke) vorgetragen. Frau Leutheusser-Schnarrenberger antwortete auf Frau Zypries Aussage, dieses Gesetz räume den Nachrichtendiensten
keinerlei Befugnisse ein, daß dies zwar richtig sei, aber auch der (mit diesem Gesetzespaket hinzugefügte) §113b TKG erlaubt, daß die so verpflichtend gespeicherten Daten an die Geheimdienste herausgegeben werden können. Toll nicht?

Herr Korte wies zur Telekommunikationsüberwachung darauf hin, daß das Gesetz den privaten Kernbereich nur dann vor Überwachung schützt, wenn "allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung
erlangt würden"
(so der Gesetzestext). Wie soll die Polizei das im Voraus wissen? Außerdem redet man doch auch immer von anderen (möglicherweise auch belanglosen, jedoch nicht mehr privaten) Themen, so daß immer auch andere Erkenntnisse erlangt würden. Ein schönes Schlupfloch, was unser Justizministerium da gelassen hat.

Den Höhepunkt der Lächerlichkeit brachte dann Klaus Uwe Benneter (SPD). Er meinte, er habe ein Interesse "an der Ermittlung der Täter, an der Feststellung ihrer Schuld, auch am Freispruch bei Unschuldigen." Lobenswert, und meinte im nächsten Satz: "Das alles ist unter den heutigen Bedingungen eben nur möglich, wenn auch die Kommunikationsmöglichkeiten überwacht und hier gespeichert, erhoben und gespeichert werden." Abgesehen davon, daß es strittig ist, inwiefern die Vorratsdatenspeicherung die Aufklärungsquote von Straftaten noch wesentlich erhöhe, finde ich es sehr bedenktlich, wenn die Vorratsdatenspeicherung benötigt wird, um Unschuldige freizusprechen.

Aber Herr Benneter steigerte sich noch:
"Es ist unwahr, wenn sie hier jetzt tun, als würden wir hier alle unter Generalverdacht gestellt werden. Das ist Quatsch. Dann würde heute auch jeder unter Generalverdacht stehen, der irgendwo ein Konto hat, denn auch da darf dann bei entsprechenden Verdachtsmomenten zugegriffen werden."
Die Kontenabfrage, die durch das Gesetz zur Förderung von Steuerehrlichkeit auch für sonstige Behörden eingeführt wurde, stellt natürlich alle Bürger unter Generalverdacht, Steuern zu hinterziehen oder Sozialleistungen zu erschleichen, denn die Abfrage wird verdachtsunabhängig durchgeführt. Auch ansonsten ist diese Aussage ein klassischer Beleg für die Salamitaktik, wenn das mit den Konten okay ist, dann ist das mit der ganzen Telekommunikation ja auch okay, und mit dem Mautdaten usw., Schritt für Schritt zum Überwachungsstaat. Grrr.

Hier ist übrigens der Gesetzesentwurf und die namentliche Liste über das Abstimmungsverhalten. Das Gesetz wurde angenommen, netzpolitik.org dokumentiert Reaktionen auf diesen Beschluß...

PS: Unsere Abgeordneten haben anscheinend auch einen merkwürdigen Humor, denn am gleichen Tag beschließen sie die Errichtung eines Einheits- und Freiheitsdenkmals, so daß wir uns an die frühere Freiheit zurückerinnern können.

1
Okt
2007

BKA, unser neuer Geheimdienst

Wir haben ja ein Bundeskriminalamt, welches eine Polizeibehörde ist (seine Aufgabe ist die Zusammenarbeit in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten). Und wir haben ein Bundesverfassungsgericht, welches meinte:
Für die in Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG vorgesehenen sonderpolizeilichen Behörden des Bundes stellt sich allerdings die Frage eines Trennungsgebotes. Das Rechtsstaatsprinzip, das Bundesstaatsprinzip und der Schutz der Grundrechte können es verbieten, bestimmte Behörden miteinander zu verschmelzen oder sie mit Aufgaben zu befassen, die mit ihrer verfassungsrechtlichen Aufgabenstellung nicht vereinbar sind. So werden die Zentralstellen für Zwecke des Verfassungsschutzes oder des Nachrichtendienstes - angesichts deren andersartiger Aufgaben und Befugnisse - nicht mit einer Vollzugspolizeibehörde zusammengelegt werden dürfen[...].
Was macht unsere Bundesregierung? So gründete 2004 ein Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum, wo diese ganzen Behören miteinander vereint werden. Nein, natürlich nicht verschmolzen, nur halt nebeneinander gesetzt.

Das war der erste Streich, der zweite folgt sogleich. Unserer Bundesinnenminister Wolfgang 'ich mache den Leuten keine Angst, ich erzähle ja nur von kommenden Bomben' Schäuble bereitet ein neues BKA-Gesetz vor. Die Zeit hat sich dieses mal etwas genauer angeschaut. Die Highlights daraus sind:
  • Das BKA wird eine eigene Polizei, wenn es um Abwehr des internationalen Terrorismus geht. Es soll nicht mehr nur die Polizeiarbeit der Länder koordinieren. Dies könnte einen kleinen Konflikt mit dem Grundgesetz ergeben.
  • Die bisherige Polizei darf auch nur dann vorbeugend eingreifen, wenn eine Gefahr für bestimmte Schutzgüter tatsächlich besteht. Alles andere ist Sache der Geheimdienste. Eine solche Einschränkung jedoch findet sich im BKA-Gesetz angeblich nicht (wird auch schwierig, denn ich glaube nicht, daß das BKA beweisen kann, daß ein Terroranschlag mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit bevorsteht).
  • Obwohl das Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt dient, darf es auch Straftaten gemäß §129a Abs. 1 und 2 StGB verhindern, wenn sie dazu bestimmt sind, "die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen". Solche nationalen Straftaten sind aber schon seit jeher Aufgabe der Landeskriminalämter.
  • Einen Richtervorbehalt gibt's nur bei längeren Maßnahmen, denn "bei Gefahr im Verzuge kann die Anordnung (...) durch die Abteilungsleitung/den Präsidenten des Bundeskriminalamtes getroffen werden. Soweit die Anordnung nicht binnen drei Tagen durch das Gericht bestätigt wird, tritt sie außer Kraft."
  • Die Benachrichtung einer überwachten Person kann unterbleiben, wenn dadurch "das Leben einer Person, bedeutendes Hab und Gut oder der Staat" gefährdet würden. Fällt unter "Staat" auch ein Abteilungsleiter des BKAs? Ein Richter darf dies nach einem Jahr prüfen (er sieht aber nur, was ihm das BKA vorspielt, die abgehörte Partei ist ja logischerweise nicht vor Gericht vertreten).
  • Das BKA darf die Rasterfahndung auch auf nicht-öffentliche Stellen ausweiten (nicht nur Ämter und Behörden, sondern auch die Datenbanken von Firmen dürfen durchsucht werden, so ungenau sie auch sein mögen, nur die Datenbanken von Geheimdienste bleiben unangetastet (es sei denn, man trifft sich im Hof des GTAZ)). Eine riesige Datenkrake.
  • Das BKA darf erstmal alles abhören und mitschneiden, auch höchstprivates. Ein Richter soll nachher entscheiden, was verwertet werden darf. Ja, ja. Da glaub ich irgendwie nicht dran, daß niemals ein BKA-Mitarbeiter da reinhört.
Und in den obigen Punkten ist der Bundestrojaner noch nicht mal aufgeführt. Und Bundestrojaner ist da noch ein harmloser Begriff. Es geht darum, heimlich in die Wohnung des Opfers einzubrechen, seine Festplatten zu kopieren, im BKA zu analysieren, nochmal einzubrechen und eine Software aufzuspielen (und auch weitere Daten der Festplatte zu manipulieren), um fortan direkt auf die Daten des Nutzers zugreifen zu können. Sieht da niemand ein Problem?

Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung hat in der NZZ einen schönen Beitrag über den Umbau des Rechtsstaates zum Präventionsstaat, wo jeder Bürger potentiell verdächtig ist und somit Opfer von staatlichen Überwachungsmaßnahmen werden kann, geschrieben. Sehr empfehlenswert.

Der Tagesspiegel berichtet in der heutigen Ausgabe dazu noch, wie schnell man Objekt von Ermittlungsmaßnahmen des BKAs werden kann. Es genügt, sich auf der Webseite des BKAs über die "Militante Gruppe" zu informieren. Der BKA habe IP-Adressen der Nutzer seines Informationsangebotes überprüft und die Internetnutzer identifiziert. Und diese Behörde soll noch mehr Überwachungsbefugnisse bekommen? Na vielen Dank.

28
Sep
2007

China

Ein Land mit einer alptraumartigen Menschenrechtssituation und katastrophalen Arbeitsbedingungen. Ein Land, von dem wir uns politisch erpressen lassen (z.B. Taiwan nicht anerkennen zu lassen) und das Embargos von Europa und den USA dadurch umgeht, indem erst recht Handel mit Despoten in Afrika treibt. Ein Land, das im UN-Sicherheitsrat gegen Sanktionen für Myanmar stimmt, wo das Militär auf unbewaffnete und friedliche Menschen schießt, die einfach nur Demokratie wollen.

Mit einem solchen Land treiben wir Handel.

Die Polizei, dein Freund und Helfer

Polizisten sind ja meistens ganz umgänglich und nett, so auch meine persönlichen Erfahrungen. Man kann sie immer gern ansprechen, wenn man ein Anliegen hat, und wird freundlich behandelt. Jedenfalls solange sie allein oder in kleinen Gruppen sind.

Allerdings habe ich gar kein Vertrauen in große Ansammlungen von Polizisten, erst recht nicht bei Polizeihundertschafen in voller Montur mit Schutzhelm und Schlagstock. Die geben mir kein Gefühl von Sicherheit mehr, im Gegenteil, es schwindet. Vorfälle wie dieser hier oder deren Verhalten beim G8-Gipfel verstärken dies erst recht.

Und das ist eine gefährliche Tendenz, denn, wenn dies eine Angst schürt, an einer Demonstration teilzunehmen, stellt dies eine Einschränkung des Demonstrationsrechts dar. Sofern das gewollt ist, ist das ein Verfassungsbruch, wenn es nicht gewollt ist, sollte die Polizei dringend an ihrem Image bei Demonstrationen arbeiten.

17
Sep
2007

Flugzeuge abballern

So, also da entscheidet das Bundesverfassungsgericht, daß der Abschuß eines Flugzeuges mit unschuldigen Passagieren verfassungswidrig sei, weil es dem Staat aufgrund des gebotenen Schutzes der körperlichen Unversehrtheit und der Menschenwürde nicht erlaubt ist, Menschenleben gegeneinander aufzurechnen.

Wen interessiert das nun überhaupt nicht? Unseren Verteidigungsminister Jung. Jemand, der seinen Eid auf das Grundgesetz geschworen hat, ignoriert dessen Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht, als ob er drüber stehe. Er sagte:
"Ich wünsche mir eine verfassungsrechtliche Klarstellung."
Was bitte gibt es hier noch klarzustellen? Es gibt ein Urteil, dies bezieht sich auf Grundrechte, die unantastbar sind, da kann man auch nichts mehr ändern. Jung weiter:
"Deshalb müsste ich im Notfall vom Recht des übergesetzlichen Notstands Gebrauch machen."
Was? Welches Recht? Recht die Gesetze zu ignorieren? Das gibt's? Der übergesetzliche Notstand ist für Situationen, welche vom Gesetzgeber nicht vorhergesehen werden konnten. Dies gilt wohl kaum für die Entführung von Flugzeugen für terroristische Anschläge, denn dazu gibt es sogar ein Urteil dazu!

Das ist echt unglaublich, was ein studierter Anwalt so von sich gibt.

PS: Ein schöner Essay dazu ist bei Spiegel-Online zu lesen.

4
Sep
2007

Rechtsfreie Räume

Die bekloppten Aussagen reißen nicht ab. Ronald Pofalla, seines Zeichens CDU-Generalsekretär, meinte gestern:
"Der Computer darf kein rechtsfreier Raum in Deutschland sein, wenn es um die wirksame Bekämpfung von Terrorismus hier bei uns in Deutschland geht."
Na eine solche Aussage kann man doch ergänzen:
"Das Schlafzimmer darf kein rechtsfreier Raum in Deutschland sein, wenn es um die sexuelle Selbstbestimmung hier bei uns in Deutschland geht."
oder auch:
"Die Bankkonten der Parteien und Politiker dürfen kein rechtsfreier Raum in Deutschland sein, wenn es um die Demokratie hier bei uns in Deutschland geht."
Oder wie wäre es mit einem Slogan à la "Keine rechtsfreien Räume mehr durch das Bundesverfassungsgericht!"?

1
Sep
2007

Käuflicher Standard

Was machst Du, wenn Du als große und mächtige Firma einen Standard durchkriegen willst? Richtig, du ermunterst Partnerfirmen dazu, sich ebenfalls in den nationalen Gremien zu engagieren. Jede weitere Firma ist eine weitere Stimme für den Standard. In Schweden traten so auf einmal 23 neue Mitglieder dem Standardisierungsgremium bei, bei 34 abgegebenen Stimmen am Ende war das also eine gekaufte Mehrheit für Microsofts OOXML. Microsoft bezahlte die Firmen zwar nicht direkt die Mitgliedsgebühren, versprach dafür aber Marketingunterstützung und sonstige Unterstützung mit Microsofts Ressourcen, wenn die Firmen mit Ja stimmten.

SIS, das schwedische Standardisierungsinstitut erklärte diese Abstimmung nun für ungültig, da Informationen darüber vorlägen, eine Firma hatte mit mehr als einer Stimme abgestimmt.

Das gleiche geschah auch in den USA, dort gab es auf einmal 19 neue Mitglieder, eine Mehrheit für Microsoft zeichnet sich nun dort ab.

Oder in Italien, wo die Mitglieder des Komitees von 4 auf 85 anschwellte. Hier haben aber auch ODF-Anhänger zum gleichen Mittel gegriffen, um Microsoft Paroli zu bieten, so daß nun eine Enthaltung herauskam.

Oder in Portugal wurden die Aufnahmeanträge von IBM und Sun (Gegner von OOXML) abgelehnt, weil das Gremium bereits zu voll sei, es paßten angeblich nur 20 in den Raum, es gab aber schon 25 Mitglieder (Interessanterweise stand der dortige Microsoft-Manager dem Komitee vor und lehnte die Anträge ab, wieso aber nicht die von den 5 Mitgliedern davor?)

Oder in der Schweiz wurden Einwände der SIUG (Swiss Internet User Group) durch den Vorsitzenden, dem Generalsekretär von ECMA, welche OOXML als ECMA-Standard verabschiedete hatte, einfach vom Tisch gewischt und im Verfahren nicht weiter beachtet. Die FSFE (Free Software Foundation Europe) hat gemeinsam mit der SIUG Einspruch über die Verfahrensweise erhoben.

Oder in Norwegen verteilte Microsoft Standardbriefe an seine Partner, welche sie als Eingaben an das Standardisierungsgremium schicken sollten. 37 identische Briefe trafen dort ein.

Oder in Ungarn sollen die Einladungen nicht rechtzeitig verschickt worden sein und die Abstimmungsregeln von Zwei-Drittel-Mehrheit auf einfache Mehrheit entgegen den Bestimmungen des Instituts geändert worden sein, weswegen die Standardgegner benachteiligt worden seien. (Die Abstimmung wird jetzt wiederholt, seitdem gibt es angeblich eine Menge neuer Mitglieder.)

Rob Weir berichtet von diversen Betrugsversuchen, wo nationale Komitees in die Irre geführt werden sollten, damit sie ihre Stimme nicht rechtzeitig oder richtig abgeben (z.B. indem man Ihnen einen späteren Stichtag nennt).

Auch in Deutschland ging das DIN-Gremium nicht astrein vor. Hier durfte Google und die Deutsche Telekom (beide Gegner von OOXML) zwar noch an der Sitzung teilnehmen und Bedenken äußern, aber nicht mehr abstimmen, da sie zu spät dazugestossen seien und so fachlich nicht mehr einbezogen hätten werden können. Zwei Microsoft-Partner jedoch haben sich fachlich überhaupt nicht daran beteiligt, und durften trotzdem mit abstimmen. Das Ergebnis ist ein 'Ja mit Kommentaren', weil man das Verfahren nicht verzögern wolle. (Bei einem Ja sind die Kommentare nur Dekoration, erst bei einem 'Nein mit Kommentaren' ist Microsoft gezwungen, die Kommentare umzusetzen, um die Zustimmung zu erhalten, deswegen schlägt ISO ja auch vor, bei Änderungswünschen mit einem 'Nein mit Kommentaren' zu stimmen.) Desweiteren berichtet Computerwoche darüber, daß eine ungeschriebene Regel des DIN, einem Standard nur bei Einstimmigkeit zuzustimmen, verletzt wurde.

In den Niederlanden geschah hingegen genau das Gegenteil, fast alle stimmten für ein "Nein mit Kommentaren", nur eine Stimme war gegen dieses Ergebnis: Microsoft. Deshalb enthält sich die Niederlande.

Man sieht doch recht deutlich, daß es hier nicht mehr darum gut, einen guten oder sinnvollen Standard zu verabschieden, sondern daß Microsoft seinen Standard bekommt. (Deswegen lasse ich hier auch Details zu OOXML selbst aus, wer will, kann bei Groklaw oder NoOXML.org weiterlesen.)

Nachtrag (05.09.2007): ISO hat nun OOXML (vorläufig) als Standard abgelehnt.

30
Aug
2007

Freiwillige DNA-Proben

Normalerweise darf die Polizei keine DNA-Proben entnehmen, auch nicht bei der erkennungsdienstlichen Behandlung. Nur Richter - und bei Gefahr im Verzug auch Staatsanwälte - dürfen gemäß §81a StPO bzw. §81g StPO die Entnahme anordnen.

Lawblogger Udo Vetter hat nun in einem Ermittlungsbericht eine besondere Methode entdeckt, um diese Vorschriften zu umgehen. Man biete dem Beschuldigten ein Glas Wasser an, und stelle anschließend das genetische Material am Glas sicher, es wurde ja schließlich freiwillig abgegeben.

Traurig, wohin das führt. Man darf ja heutzutage einen Polizisten nicht in seine Wohnung lassen, was früher als höflich galt, ist heute ein Einverständnis zur Wohnungsdurchsuchung. Und so ist nun auch jede höfliche Geste der Polizei zu ignorieren, könnte ja eine Falle sein. Die Polizei, Dein Freund und Helfer.
logo

Eisscholle

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Umfallen mit SWIFT
Mehr Verantwortung, weniger Verbote. Die FDP ist...
Alix - 1. Dezember, 10:20
Aktionismus
Soso, unsere Koalition hat sich darauf verständigt,...
Alix - 18. Mai, 12:02
Populismus
Die Stadt Stuttgart hat eine Veranstaltung im Rahmen...
Alix - 24. März, 11:26
Heilige Kriege
Ajatollah Abdeni ruft zur Islamisierung Europas auf....
Alix - 22. März, 13:59
Lotto
Eigentlich müßte jedem Lottospieler - sofern vorhanden...
Alix - 28. Januar, 14:04

Links

Suche

 

Status

Online seit 6631 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Juli, 02:09

Credits


Alltag
Medien
Politik
Recht
Technik
Wirtschaft
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren